KOMMENTAR: Die „billigen“ Hausmüllgebühren des ART - günstig im überregionalen Vergleich oder wie konnten 46 Mio. € „verschwinden“?

16.10.2020

Gerne wird von der Öffentlichkeitsabteilung des Zweckverbandes ART und offizieller Seite immer wieder darauf hingewiesen, dass die Abfallgebühren in der Großregion Trier im überregionalen und sogar im bundesweiten Vergleich immer noch deutlich niedriger ausfallen. 

Insbesondere wird die "Wirtschaftlichkeit" des "Modells Trier Plus" gerne als Argument herangeführt, statt auf ein komfortables, leistungsfähiges und bürgerfreundliches Holsystem mittels Biotonne auf ein vermeintlich billigeres Bringsystem mittels Biotüte zu setzen.

Ein Gebührenvergleich ist immer schwierig und undankbar, schließlich werden Äpfel mit Birnen verglichen und zentrale Leistungsbestandteile unterscheiden sich teilweise erheblich.

Einen Beitrag, warum sich aktuell z.B. innerhalb des Zweckverbandes die Gebühren erheblich unterscheiden, findet sich hier.

Dennoch ist festzustellen, dass im Abfallwirtschaftskonzept des ART z.B. die fehlende wirksame Getrennterfassung von Bioabfall mittels Holsystem, die Abschaffung oder das Fehlen von Holsystemen für Elektroaltgeräte oder Grünschnitt, fehlende Vorhaltung von Wertstoffhöfen u.a. auch zu deutlich geringeren Gebührenaufwendungen führt. D.h. der Region Trier kann ein schlechteres Preis-Leistungs-Verhältnis gegenüber anderen Kommunen bilanziert werden.

Eine wesentliche Frage für das vermeintlich "niedrige" Gebührenniveau wird jedoch auch beim Blick in die aktuelle Gebührenkalkulation des Zweckverbandes für das Jahr 2021 beantwortet.

Auf Seite 43 findet sich eine Gesamtübersicht über die Eigenkaptalentwicklung des Gesamtzweckverbandes und dessen Mitglieder. Hier ist zu entnehmen, dass sich das Eigenkapital von einst 43,5 Mio. € (Stand: 31.12.2013) in den folgenden 8 Jahren in einen Verlust von 2,4 Mio. € verwandeln wird.

Es sind fast 46 Mio. € Kapital verschwunden!

Die Frage ist wohin?

Unstrittig ist, dass auch die Abfallwirtschaft nicht von Kostensteigerungen in jeglicher Hinsicht und insbesondere auch von der Niedrigzinsphase hinsichtlich der Kalkulation von Deponierückstellung erheblich betroffen ist. Insofern sind Gebührenerhöhungen unumgänglich.

Dennoch ist festzustellen, dass der Verband und deren Mitglieder über einen sehr langen Zeitraum bis heute trotz mehrerer Gebührenerhöhungen unterfinanzierte Haushalte führen. Der Kreis Bernkastel-Wittlich ist hier die Ausnahme. Dieser zeigt zwar mit aktuell Minus 5 Mio. € den größten Fehlbetrag, prognostiziert jedoch für 2021 eine signifikante Zunahme des Eigenkapitals bzw. Abbau des Verlustes von ca. 1 Mio. €.

Es ist mehr als offensichtlich, dass die Gebührenhaushalte massiv durch die Auflösung von Eigenkapital gestützt wurden und der tatsächliche Gebührenbedarf deutlich höher ausfällt, als der Öffentlichkeit und den Gremien gegenüber suggeriert wird.

Zusätzlich ist anzumerken, dass im o.g. Zeitraum wichtige Beschlüsse zur Verbandsbildung und Ausrichtung erforderlich waren (z.B. Verbandsgründung 2015 und Abstimmung Logistikkonzept in den Folgejahren). Eine negative öffentliche Diskussion über die tatsächlichen Haushaltssituationen hätte sicherlich nachteilige Auswirkungen auf den Meinungsbildungsprozess haben können.

Die zwischenzeitlich erfolgten Gebührenanpassungen können hier als Minimalanpassung zur Schadensbegrenzung gewertet werden. Die Landtagswahl 2021 und der laufende Wahlkampf zeigen hier ihre Wirkung. Es scheint hier, dass der CDU dominierte Verband eine nachteilige Sachverhaltsdarstellung vermeiden will.

Es ist zu erwarten, dass die Gebührenblase nach der Landtagswahl platzen wird und das wahre Ausmaß zu Tage tritt. Wer dann die Schuld dieser Misere zu tragen hat, wird spannend. Im Zweifelsfall kommt dann eine durch das Land verpflichtend angeordnete flächendeckende Biotonne sehr gelegen, um massiv an der Gebührenschraube drehen zu können.  Durch die aktuellen Diskussionen in der Vulkaneifel ist der überteuerte Kostenrahmen, d.h. die 90,- € Biotonne in der Fläche oder die 111,- € freiwillige Luxustonne - als Grundlage bereits vorbereitet.

Quelle: Gebührenkalkulation 2021 - Abfrage FragDenStaat