FAKTENCHECK: Die Biotonne und die Freistellung von der Eigenkompostierung – Ja / Nein / Vielleicht – Wie ist die Situation in RLP?

16.03.2020

Ein zentrales Thema im Rahmen der Frage "Einführung/ Wiedereinführung der Biotonne" im Kreis Vulkaneifel aber auch im gesamten Zweckverbandsgebiet ist der Gesichtspunkt, ob ein Biotonnenkonzept eine Freistellungsmöglichkeit für Eigenkompostierer vorsehen kann oder nicht.

Das gipfelt darin, dass wiederholt von Seiten der Biotonnenkritiker geäußert wird, dass im Falle der Einführung einer flächendeckenden Biotonne definitiv eine "Zwangsbiotonne" für Alle, d.h. auch für Eigenkompostierer ggf. mit reduziertem Volumen, zwingend rechtlich erforderlich wäre.

Hier beantworten wir die Frage, wie der praktische Vollzug in RLP geregelt ist.

Der Gesetzgeber schreibt zwar eine eindeutige Verpflichtung zur Getrennterfassung von biologisch abbaubaren Abfällen vor, lässt jedoch ausdrücklich Ausnahmen im Falle der Eigenverwertung auf dem häuslichen Grundstück zu.

Insofern finden sich dahingehend auch unterschiedliche Regelungen in den Abfallwirtschaftskonzepten.

Ein Blick auf die Leistungen der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (örE) in RLP liefert im Wesentlichen vier Betrachtungsfälle:

  • Biotonne als Holsystem mit Freistellungsmöglichkeit für Eigenkompostierer
  • Biotonne als Holsystem als "Pflichttonne" mit einem reduziertem Behältervolumen für Eigenkompostierer
  • Biotonne als Holsystem als "Pflichttonne" ohne Freistellungsmöglichkeit
  • Biocontainer als Bringsystem zur "freiwilligen" Nutzung

In RLP existieren 36 örE, d.h. kreisfreie Städte und Landkreise, die als zuständige Kommunen verantwortlich für die Entsorgung von Abfällen aus Privathaushalten sind. Teilweise wurde die Zuständigkeit auf Zweckverbände übertragen (z.B. A.R.T.).

Die Auswertung der Abfallwirtschaftsprofile der örE gemäß Anlage zeigt, dass 50 % der Gebietskörperschaften und auch der Bevölkerung die Möglichkeit haben mittels Antrag und Flächennachweis eine Freistellung von der Biotonnennutzung als Eigenkompostierer zu erhalten - dies in Verbindung mit einem definierten Gebührennachlaß.

9 Gebietskörperschaften bzw. 25 % sehen eine reduzierte Biotonne als "Pflichttonne" für Eigenkompostierer vor.

Lediglich drei Kommunen haben in RLP eine "Pflichttonne" für Alle ohne Freistellungsmöglichkeit.

Ein Bringsystem als "freiwilliges System" ohne weitergehende Kontrolle für Bioabfälle betreiben der Zweckverband A.R.T. und der Landkreis Birkenfeld (entspricht 15 % der Bevölkerung in RLP).

FAZIT:

Entgegen der Behauptung der Biotonnenkritiker ist es in RLP gelebte und rechtlich anerkannte Praxis Freistellungsmöglichkeiten für Eigenkompostierer vorzusehen. Als letzter Kreis hat z.B. der Landkreis Kusel 2019 die Biotonne mit einer Freistellungsmöglichkeit eingeführt.

Der Rechtsrahmen lässt eine "Pflichttonne" in unterschiedlicher Variation zwar grundsätzlich zu, jedoch machen davon nur die wenigsten Gebrauch, weil es gerade im ländlichen Raum wenig Sinn macht, eine "Zwangstonne" für alle vorzusehen.

Nach unserer Auffassung ist gerade im ländlichen Raum das Thema "Eigenkompostierung" als ein wichtiges Instrument der regionalen Abfallverwertung anzusehen, die aus mehreren Gründen eine Förderung verdient.

Ein Aspekt ist z.B., dass insbesondere fleischige Speisereste als Argument für die Notwendigkeit einer Biotonne herangeführt werden, da diese nicht kompostierbar sind.

Demgegenüber steht jedoch z.B. die steigende Anzahl an Vegetariern und Veganern, deren Anteil zwischenzeitlich bundesweit auf ca. 10 % geschätzt wird, mit steigender Tendenz. Zusätzlich wird im Rahmen des Klimaschutzes und zum Tierwohl eine Fleisch reduzierte Ernährung propagiert.

Eine Pflichttonne würde diesen Anreizen bzw. Bestrebungen entgegenstehen.

Diese Einschätzung und auch andere Gründe sehen wir insbesondere auch darin bestätigt, dass viele Kommunen, auch in Rheinland-Pfalz, weiterhin eine Freistellungsmöglichkeit für Eigenkompostierer ausdrücklich zulassen und somit sowohl organisatorische als auch finanzielle Anreize schaffen. Dennoch erreichen diese Kommunen trotz einer Freistellung gemäß Landesabfallbilanz überdurchschnittliche Erfassungsquoten bei den biologisch abbaubaren Abfällen.

Das "Modell Trier Plus" bzw. das Tütensystem erreicht in diesem Zusammenhang bei weitem nicht die Leistungsfähigkeit vergleichbarer flächendeckender Biotonnenkonzepte.