FAKTENCHECK: Die „wissenschaftliche“ Evaluation eines Erfolgsmodells? - A.R.T. und Witzenhausen-Institut ziehen Bilanz – Aber was ist die Wahrheit zur Statistik?

29.03.2020

Das Ergebnis der wissenschaftlichen Evaluation zum "Modell Trier Plus" durch das Witzenhausen-Institut, dessen Betrachtungszeitraum offiziell zum 31.12.2019 enden sollte, liegt nun vor. 

Gemäß Mitteilung des A.R.T. vom 23.03.2020 wurde als Fazit gemeinsam mit dem Witzenhausen-Institut die Biotüte als Erfolg tituliert.
So ist u.a. hier zu lesen:

"Die Ergebnisse des Berichts zeigen klar, dass das Bringsystem in der Region Trier funktioniert und sich kontinuierlich weiterentwickelt."

und

"Bioabfallmenge zur Vergärung und Kompostierung steigt um von 400%."

Ebenso schreibt der A.R.T. per Pressemitteilung in der EUWID-Recycling am 20.03.2020 der Fachwelt hier gegenüber:

"System der Biotüte in der Region Trier funktioniert"

Aber:

  • Was ist die Wahrheit hinter den Fakten?
  • Wie sind die Zahlen tatsächlich einzuordnen?
  • Wie verhält sich der Leistungsvergleich zwischen Biotüte und Biotonne?
  • Verdient die Evaluation das Attribut "wissenschaftlich"?

Die Auswertung und Analyse der Leistungsdaten liefert gemäß beiliegender Anlage folgendes eindeutiges Ergebnis:

  • Die Biotüte als Bringsystem erfasst lediglich ca. 15 % der Biomüllmenge aus Haushalten gegenüber einer flächendeckenden Biotonne, d.h. die Biotonne erfasst die 6 bis 7-fache Menge durch die bürgerfreundliche Abholung an der Grundstücksgrenze unter Berücksichtigung des Rheinland-pfälzischen Durchschnitts und der seitens des ART prognostizierten Jahresmenge für 2020.
    Damit zeigt sich hier eine überdeutliche wesentlich größere Leistungsfähigkeit der Biotonne gegenüber der Biotüte.
  • Der A.R.T. und das Witzenhausen-Institut vernachlässigen in deren Darstellungen und Mengensteigerung die Tatsache, dass bis Ende 2019 im Vulkaneifelkreis die Biotonne noch im Einsatz war und entsprechende Mengen bereits erfasst wurden.
    D.h. tatsächlich kam es bei der haushaltsnahen Erfassung von biologisch abbaubaren Abfällen zum Jahreswechsel zu kaum einer nennenswerten Steigerung.
  • Der Hauptanteil der "400 %" - Steigerung fällt auf die BürgerInnen des Vulkaneifelkreises zurück, die über 27 Jahre gelernt haben mit der Biotonne eine entsprechende Trennung vorzunehmen und ihren Biomüll statt bisher über die Biotonne nun teilweise über die Biotüte entsorgen.
  • Es wird für 2020 gemäß Pressemitteilung ein verbandsweiter Durchschnitt von 15 bis 19 kg/Ew*a an Biotütenabfällen prognostiziert. Gemäß Beschlussvorlage zur KT Sitzung der Vulkaneifel am 16.03.2020 wird jedoch nur für den Vulkaneifelkreis eine Menge von 40 bis 50 kg/EW*a prognostiziert.
    Damit ist offensichtlich, dass der Restzweckverband nur dadurch vom hohen Aufkommen der Vulkaneifel profitiert, indem der Durchschnitt angehoben wird. Es zeigt jedoch auch, dass z.B. im Kreis Bernkastel-Wittlich das Mengenaufkommen auf einem extrem niedrigen Niveau von 2 bis 4 kg/EW*a ebenso wie die Anzahl der Containerstandplätze stagnieren müssen, und dort, ebenso wir in anderen Verbandsmitgliedern, die Getrennterfassung definitiv nicht funktioniert.
    Einen Faktencheck zur Containerstandortstatistik finden Sie hier.

Fazit:

Der Leistungsvergleich zeigt, dass die Biotüte im Vergleich zur Biotonne als bürgerfreundliches, komfortables Dienstleistungsangebot unter abfallwirtschaftlichen Gesichtspunkten lediglich homöopathische Mengen erfasst. Das Ergebnis der Evaluation ist weder als "wissenschaftlich" noch als sachlich fundiert zu bezeichnen. Die Darstellung ist einseitig, unvollständig und konzentriert sich nur auf einen "küchenstämmigen" Anteil im Rahmen einer akademischen und theoretischen Betrachtung.

Es ist offensichtlich, dass es hier nicht um eine Ergebnis offene Untersuchung geht, sondern einzig und alleine darum, die Biotüte als System schön zu färben und in ihrem Bestand zu zementieren.

Es ist bedauerlich, dass ein bundesweit renommiertes Institut sich zum Steigbügelhalter eines System macht, dass unter allen erdenklichen Aspekten versagt hat.